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Gastbeitrag Speiseinsekten: Nachhaltigkeit in drei Gängen
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Gastbeitrag Speiseinsekten: Nachhaltigkeit in drei Gängen |
Vielen Dank an Sal, dass du diesen Gastbeitrag so schön informativ aufgearbeitet hast.
Zur Person
Sal ist irgendetwas mit 20+ in Jahren alt und bloggt normalerweise auf w6 vs. w12 über Pen&Paper-Rollenspiele und diskutiert als @w6vsw12 gerne seine Hobbies auf Twitter. Abseits des Bildschirms studiert er Philosophie in München, liebt Technik sowie die utopischen Möglichkeiten und aufregenden Erfindungen unserer Zeit. Abseits von Insekten liebt er Kässpatzn und Kaffee auf dem Speiseplan.
Als ein Freund geröstete Insekten aus Thailand mitgebracht hat, ist mein Interesse an Speiseinsekten erwacht – also Insekten, die zum Verzehr gezüchtet und verarbeitet werden. Insekten sind fester Bestandteil des Speiseplans bei über zwei Milliarden Menschen im asiatischen und afrikanischen Kulturraum. Einige Gründe sprechen dafür, Insekten in den Ernährungsplan aufzunehmen und im Gegenzug den Fleischkonsum zu reduzieren. Mit einem Freund habe ich mir die Zeit für ein dreigängiges Menü genommen, um ihre Eignung selbst auszuprobieren, und möchte meine Eindrücke teilen.
Vorweg lohnen sich einige Vorbetrachtungen, warum wir
überhaupt über Insekten nachdenken sollten. Während Insekten in der europäischen
Antike bei den Griechen und Römern noch als Delikatessen gehandelt wurden, sind
sie in Europa heutzutage überwiegend verpönt. Dabei war noch bis in die Mitte
des 20. Jahrhunderts die Maikäfersuppe in Deutschland und Frankreich verbreitet.
Insekten als nachhaltiger Fleischersatz
Insekten als nachhaltiger Fleischersatz
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nation (FAO) bewirbt Insekten bereits seit längeren, als Nahrungsmittel
der Zukunft. Die Gründe dafür sind einfach: Für viele Menschen ist Fleisch
heute einer der wichtigsten Eiweißquellen. Der typische Fleischkonsum ist
allerdings mit einer überhöhten Zufuhr an Fett und Cholesterin verbunden. Insekten sind hingegen
hervorragende Proteinlieferanten, die darüber hinaus viele Vitamine und
Mineralstoffe enthalten. Fett und Cholesterin spielen bei ihrem Verzehr
hingegen keine Rolle. Streng genommen ist ihr Verzehr nicht vegetarisch, kann
aber eine Alternative sein, um den Fleischkonsum zu reduzieren.
Etwa 70 % aller Agrarflächen werden daher heute für die Viehzucht
und die Futtermittelproduktion belegt. Die Insektenzucht braucht deutlich
weniger Platz als die Zucht von Nutztieren, wie Rindern, Schweinen und Hühnern.
Außerdem kann sie fast überallhin verlegt werden, selbst wenn der Boden
unfruchtbar ist, sodass wertvolle Landfläche frei würde, die effizient genutzt
werden könnte.
Gefördert wird diese Platzersparnis dadurch, dass Insekten
Nahrung ihre Nahrung effizienter verwerten können, als wechselwarme Säugetiere
und Vögel. Ein Maßstab dafür ist die Umwandlungsrate von Futter zu Fleisch, das
heißt, wie viel Futter benötigt wird, um 1kg Gewichtszunahme zu erlangen. Rinder
benötigen beispielsweise 8kg Futtermittel, um 1kg Fleisch zu zulegen. Insekten
erreichen die gleiche Gewichtszunahme bei lediglich einem Viertel der
Futtermenge. Das reduziert die belegte Agrarfläche für ihre Ernährung deutlich.
Neben Landfläche schonen Insekten auch Ressourcen, wie
Wasser. 8l Wasser benötigten Insekten pro kg ihrer Zucht, die bei ihrer
Ernährung zu guten Teilen über Feuchtfutter wie Obst aufgenommen werden. Rinder
benötigten fast 2.000-mal mehr Wasser während sie aufgezogen werden. Ebenso
schonend sind Insekten für die Luft, weil Treibhausgase bei der Tierzucht nicht
zu vermeiden sind. Je nach Vergleichstier sinkt der Treibhausgas-Ausstoß bei
Insekten auf ein Zehntel bis ein Hundertstel gegenüber Schweinen, Rindern und
Hühnern.
Insektengerichte im Selbsttest
Insektengerichte im Selbsttest
Natürlich soll Essen auch schmecken und das tun Insekten. Wir haben uns für drei Gerichte entschieden, die jeweils eine andere Insektenart beinhalten. Für den professionellen Rückhalt haben wir ein Starterset von Snack-Insects genutzt, das aus einem Kochbuch und drei Reagenzgläsern mit gefriergetrockneten Insekten besteht. Gefriergetrocknete Insekten haben einen Vorteil für Tierliebhaber: Im Gegensatz zu gängigen Schlachtprozessen werden Insekten lediglich abgekühlt bis sie in Kältestarre verfallen. Anschließend kann man sie einfrieren, wodurch sie nicht mehr erwachen, ohne dabei etwas zu spüren.
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Starterset von Snack-Insects |
Vorspeise: Frittierte Heuschrecken mit Limetten-Dip
Den Anfang machten
Heuschrecken, die wir frittiert und uns mit selbstgemachten Limetten-Dip
serviert haben. Konkret handelte es sich bei dem Dip um Mayonnaise, die mit
Limettensaft und geriebenen Zitronenschalen einen fruchtigen Touch bekommen hat.
Zur Abrundung diente etwas Cayennepfeffer. Die Heuschrecken wurden hingegen in
Sesamöl frittiert und mit Chili und Salz gewürzt.
Der Einstieg war
motivierend. Obwohl wir die Heuschrecken etwas zu lang frittiert haben, waren
sie geschmacklich in Ordnung. Die Heuschrecken selbst waren sehr dezent, haben
sich aber mit dem Dip sehr gut ergänzt. Leider hatten wir nur eine gute
Handvoll, aber in größeren Mengen würde ich wohl auf den Dip verzichten und sie
ohne Bedenken neben Chips und Erdnüssen zum Knabbern zubereiten.
Die Zubereitung selbst
ist denkbar einfach. Sie werden zwar mit Flügeln und Beinen geliefert, die man
entfernen muss, aber das geht denkbar zügig. Im gefriergetrockneten Zustand
sind sie sehr trocken und brechen leicht, aber mit etwas Vorsichtig lassen sie
sich im Ganzen schälen.
Hauptspeise: Reiberdatschi mit Buffalowürmern
Etwas aufwändiger war der Hauptgang: Reiberdatschi (Kartoffelpuffer) mit Buffalowürmern. Allerdings nicht wesentlich umständlicher als das insektenfreie Original. Die Würmer müssen lediglich kurz angeröstet werden, ehe sie unter die Rohmasse gerührt werden, wodurch sie ihren Geschmack besser entfalten. Dazu gab es einen Sauerrahmdip mit Gartenkräutern. Wir haben die Würmer nur unter ein Drittel der Reiberdatschi gemischt, um das Mengenverhältnis zu wahren. Dadurch hatten wir aber auch einen gezielten Geschmacksvergleich.
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Vorspeise: Frittierte Heuschrecken mit Limetten-Dip |
Hauptspeise: Reiberdatschi mit Buffalowürmern
Etwas aufwändiger war der Hauptgang: Reiberdatschi (Kartoffelpuffer) mit Buffalowürmern. Allerdings nicht wesentlich umständlicher als das insektenfreie Original. Die Würmer müssen lediglich kurz angeröstet werden, ehe sie unter die Rohmasse gerührt werden, wodurch sie ihren Geschmack besser entfalten. Dazu gab es einen Sauerrahmdip mit Gartenkräutern. Wir haben die Würmer nur unter ein Drittel der Reiberdatschi gemischt, um das Mengenverhältnis zu wahren. Dadurch hatten wir aber auch einen gezielten Geschmacksvergleich.
Der direkte Vergleich
ist in meinen Augen eine sehr gute Wahl für jeden, der es selbst ausprobiert.
Der Geschmack der Buffalowürmer ist deutlich kräftiger als der Geschmack der
Heuschrecken. Die wurmlosen Reiberdatschi wirkten daher im direkten Vergleich
etwas fad, während die Würmer den Geschmack hervorragenden abgerundet haben.
Süße Varianten mit Apfelmus oder Preiselbeeren wären zweifellos ebenso gut
geeignet.
Nachspeise: Schoko-Berge mit Mehlwürmern und Erdbeersalat
Süß wurde bei uns erst die Nachspeise, bei der wir zu Schoko-Bergen mit Mehlwürmern und Erdbeersalat auserkoren haben. Für die Zubereitung wurden die Mehlwürmer mit Mandeln angeröstet und anschließend in geschmolzene Kuvertüre (bei uns zartbitter) gerührt. Als kleine Häufchen durften sie anschließend abkühlen, während wir die Erdbeeren geschnitten und mit Balsamico, Pfeffer, Salz und etwas Honig mischten.
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Hauptspeise: Reiberdatschi mit Buffalowürmern |
Nachspeise: Schoko-Berge mit Mehlwürmern und Erdbeersalat
Süß wurde bei uns erst die Nachspeise, bei der wir zu Schoko-Bergen mit Mehlwürmern und Erdbeersalat auserkoren haben. Für die Zubereitung wurden die Mehlwürmer mit Mandeln angeröstet und anschließend in geschmolzene Kuvertüre (bei uns zartbitter) gerührt. Als kleine Häufchen durften sie anschließend abkühlen, während wir die Erdbeeren geschnitten und mit Balsamico, Pfeffer, Salz und etwas Honig mischten.
Wir haben uns dabei an
das Rezept gehalten, um das Verhältnis von Würmern und Schokolade korrekt
hinzubekommen, hätten aber locker die doppelte Menge Kuvertüre nutzen können.
Der Geschmack der Mehlwürmer war so stark, dass jede Vollnuss-Schokolade
dagegen alt ausgesehen hätte. Die Kuvertüre war eine zartbittere Note, während
man die Mandeln nur am Rande geschmeckt hat. Das hat allerdings hervorragend zum
Erdbeersalat gepasst. Klassische, gezuckerte Erdbeeren wären sicherlich eine
Alternative, aber mir persönlich insgesamt zu süß geworden.
Speiseinsekten im Urteil
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Nachspeise: Schoko-Berge mit Mehlwürmern und Erdbeersalat |
Der Geschmack von
Insekten wird allgemein als nussig beschrieben. Die drei Gerichte haben mir
aber gezeigt, dass das nur eine Annäherung an die mögliche Geschmacksvielfalt
sein kann. Mich haben die Insekten überzeugt und ich kann es jedem ans Herz
legen, den Kopf zu überwinden und es selbst auszuprobieren. Die mögliche
Verarbeitung von Speiseinsekten ist unglaublich vielfältig. Für mich sind sie
eine klare Alternative für Fleisch als gesunde Proteinlieferanten. Ich warte
bereits auf den Nachschub.
Wem Insekten zu eklig
erscheinen, der sollte sich ein paar Dinge ins Gedächtnis rufen: Der rote Farbstoff Karmin (E120) wird aus getrockneten Schildläusen gewonnen und findet sich bereits heute in
Süßigkeiten, Spirituosen, Marmeladen und sogar Lippenstiften wieder. Weiterhin
sind Insekten bereits heute für
zahlreiche Menschen Ernährungswirklichkeit und ihre Zucht erfolgt in
kontrollierten Umgebungen.
Einige interessante
Rezepte für das Kochen mit Insekten gibt es online bei Snack-Insects. Wer
neugierig geworden ist, findet dort Rezepte und Videos zum Kochen mit Insekten.
Zum Abschluss geht mein Dank an Lisa. Sie war diesem Gastbeitrag gegenüber
aufgeschlossen und hat mir den Platz eingeräumt, um von meinen Eindrücken zu
berichten. Vielen lieben Dank dafür.
1 Kommentare
Grundsätzlich finde ich das total interessant auch die Argumentation der Wirtschaftlichkeit, aber ich habe mir die Preise angesehen und mir ist es einfach zu teuer, was wahrscheinlich daran liegt, dass der Markt dafür noch nicht wirklich da ist. Da muss jetzt einer wirklich hart am Ball bleiben. Ich habe selbst ein oft so verschrienes "Eckel-Produkt", dass ich nebenbei vertrete: MonthlyCup - eine tolle Sache für Frauen, aber viele haben da noch Berührungs-Ängste. Liebe Grüße, Ella
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